Specktraumauswärts



– Als Kater hat man manchmal seine Sorgen,

Dann hat man irgendwo sich hingelegt,

Dann denkt man an ein buntgemaltes Morgen

Und möchte sich als Kreatur verborgen

An Katzen, welche Ähnliches bewegt.


Als Kater träumt man dann die schönsten Flausen

Und sieht die ganze Welt aus Speck gemacht,

Und specktraumauswärts hört man Winde brausen

Und Hunde windgejagt durch Straßen sausen

Und wegen Katermobbing vor Gericht gebracht.


Als Kater ist man manchmal Mensch, jawoll!

Mit allem Drum und Dran und Katzenjammer,

Dann hat man ganz die Katerschnauze voll,

Dann geht die Stimmung mächtig gegen Moll,

Dann sucht man einen Liegestuhl und legt sich

Hin. Träumt. Und nichts vom Kater mehr bewegt sich.



– Peter Welk –



 


Im Aufblicken



– eine Gardinenfalte
zieht einen Längsstrich
durch das Bild vorm Fenster:

der Himmel eine Illusion

von zweierlei Blau

am Boden reckt ein blühender Strauch

zum Bleiben verdammt
die ungleichen Flügel



– Christian Fechner –



 


Der Gewissenlose



So ganz ohne Gewissen
hat mich ein Floh gebissen,
gerad ins Schulterblatt.
Dort kann ich mich nicht jucken,
noch nicht mal so weit gucken,
ich bin gleich pappesatt!

Mit gramverzerrten Blicken
verbring ich meinen Rücken
zum alten Vertiko.
Ich reibe Rumpf und Mieder
am Holze auf und nieder
und stöhne Ah! und Oh!

Den linken Schulterflügel
schmückt bald ein arger Hügel,
der groß ist wie ein Hut.
Schon spüre ich ein Kribbeln:
Das Biest fängt an zu trippeln!
Ich atme nicht. Vor Wut!

Gerade will ichs packen,
da springts von meinem Nacken
dem Bello auf den Arsch:
«Oh, magst du Hundekuchen?
Und Nachbars Wuff besuchen?
Jetzt lauf schon, Bello! Marsch!»


– Andrea M. Fruehauf –



 


Reiselust


– Es hat in meinem Denkgerüst 

Sich eine Strebe losgelöst 

Vermutlich bin ich eingedöst 


Es hat in meiner Fantasie 

Sich ein Gedanke aufgemacht 

So völlig frei und ohne Fracht 


Dies hat in meiner Seelenschlucht 

Sich eine Emotion erlaubt
Ich fühle mich wie ausgeraubt 

Sie sind hinaus, wohl in die Welt 

Entschlossen und sehr selbstbewusst 

Es treibt sie meine Reiselust 


Doch würd ich gern auf Straßen, Gleisen 

Mit mir in Summe mal verreisen 



– Volker Teodorczyk –




Kästners Stilblüte



Mein Vater hat gerne Gedichte gelesen

und ab und zu gab er bei Feiern und Festen

auch Verse von Rilke und Kästner zum Besten.

Wir liebten vor allem sein heiteres Wesen.


So las er: «VOM FENSTER AUS KONNTE MAN SCHIFFEN …»,
hielt inne und ließ das Gedichtbändchen sinken.

Mein Bruderherz grinste und hat mich gekniffen,

als Papa ganz trocken hinzufügte: «… WINKEN.»



– Didi.Costaire –


 

 


Ruhestörung 



– Der Morgen graut. Die Wolken schweigen Bände. 

Noch dösen alle Häuser. Der Asphalt 

Schleppt sich als Fluss ins offene Gelände.
Im Hintergrund kriecht Nebel aus dem Wald. 

Kein Ton. Kein Hauch. Nur sakrosankte Stille, 

Die sich in jedem Punkt des Bildes staut, 

Als ... Wispern einer elfischen Fibrille? 

Vielleicht doch irdischer ... Das ist ein Laut! 


Nein, lauter Laute wie ein Kleckern, Klacken, 

Und zwischendurch ein zartes Tippel-Tapp. 

Es hallt heran, im Takt. Zwei Herrenhacken 

Und Pfötchen eines Hunds im Zuckeltrab. 


Schon schießt der Gassigänger um die Ecke. 

Der Wegerich am Gartenzaun vibriert, 

Und Spinnennetze zittern an der Hecke. 

Der Köter in der Pfütze ... randaliert! 


Der Mantel fliegt. Die Luft erfüllt Getose.
Es schallt und kracht und etwas bricht entzwei – 
Ein Ahornflügel? Knospe einer Rose?
Egal. Jetzt ziehen Kerl und Vieh vorbei, 

Durch diese Mitte und allmählich weiter, 

Drei Eigenheime und dann noch ein Stück. 

Der ganze Lärm verebbt, vermaledeiter.
Der Morgen graut und alles schweigt. Zum Glück! 



– Dirk Tilsner –



 


Mittagsschatten



– Mittagsschatten
auf dem äußeren Fenstersims:
Inseln aus Vogelscheiße
in einem dunkelroten Meer
und die silberne Reise eines schmalen Insekts
bis ans plötzliche Ende der Welt



– Christian Fechtner –