Fragewolken 



 – Das Jahr klingt aus und wird Vergangenheit
und war doch eben noch zum Greifen nah,
man hat Probleme und verläuft sich in der Zeit
und steht am Ende ganz verwundert da

und fragt sich heimlich, während Frösche krachen
und lila Blitze um die Dächer schweifen:
Werd‘ ich im neuen Jahr die alten Fehler machen,
werd‘ ich vielleicht zu neuer Größe reifen?

Werd‘ ich in neue Höhen klettern dürfen,
wird mich ein Teufel in die Tiefe schmeißen,
werd‘ ich in Höllenschluchten schürfen,
wird mir ein Glücksschwein in den Hintern beißen?

Und so, indem man Fragewolken schiebt,
schiebt man Probleme, die’s noch gar nicht gibt,
ins neue Jahr und vor sich her und durch die Zeit,
hinsteuernd Richtung Ewigkeit.


– Peter Welk –





Weitsicht 



 – Als ich gestern in die Ferne sah,
schien mir diese plötzlich seltsam nah.
Näher noch – ich weiß, das klingt jetzt dumm –
als der leere Raum um mich herum.

Dieser Raum, gefüllt mit lauer Luft,
die mir dauernd in die Seele pufft;
diese schnöde Enge ganz aus Nichts,
die Garotte meines Gleichgewichts.

Dieses ungreifbare Nichts-Substrat,
licht- und schattenarme Wechselbad;
dieses körperlose Hindernis,
steter Zwang, im Ausgang – ungewiss.

Als mir, wie schon oben angeführt,
diese Ferne jäh im Innern rührt,
fand ich darin einen tiefen Sinn:
Manchmal will der Mensch woanders hin. 


– Dirk Tilsner –