Bilddynamik
– in diesem Bild
aus Untergangssonne
am Meer
radelt ein Mensch
nur solange durch die Idylle
bis
er aus dem Rahmen fällt
– Morphea –
– Ich möchte nicht erschlagen werden,
auch nicht erdrosselt, -dolcht und -stickt,
nicht überrollt von Büffelherden
und nicht zerbombt im Grenzkonflikt.
Kein Unfall soll mein Leben kürzen,
kein Attentat und auch kein Mord,
Ich möchte nicht vom Felsen stürzen,
von Brücken oder über Bord.
Auf keinen Fall will ich verbrennen,
an Krankheit sterben oder Gift,
im Kugelhagel wie John Lennon,
durch Sturz aus einem Sessellift.
Auch lehn ich Tod durch Altersschwäche
genauso ab wie Suizid,
und dass ich mir das Rückgrat breche,
weil sich ein Flusspferd auf mich kniet.
Der Sensenmann hört meine Klage
und sinnt: An Todesarten käm
dann aber gar nichts mehr in Frage …
Na und, Gevatter? Dein Problem!
– Stefan Pölt –
längst verstummt auch
das Hüpflied der Heuschrecke
zwei Handbreit tief im Garten vergraben
der Name der Nachbarskatze
aber ich stehe noch immer
mit dem Gesicht zur Wand und
hinter mir da gilt es nicht
– sufnus –
– die eisenkrähen hatten mich zur vorsitzenden
ihrer nachtschatten bestimmt und nun sitze ich
im gemachten nest
befehle den zahlen
gerade zu stehen
zwinge die sonne
in den kreis
[sie gibt sich mir sowieso
viel zu männlich]
am ende der laufbahn lege ich
den vorsitz nieder doch nicht ohne zuvor
eine revolution der denkungsart
verfügt zu haben
für die folgen erkläre ich mich
für nicht schuldig
im sinne der anklage
– charlotte van der mele –
– Welche Wörter, fragt sich Goethe,
reimen sich auf meinen Namen?
Das Geschwätz des alten Goethe
lässt bei Schiller Missmut keimen:
Hungersnöte, Knoblauchkröte
zählen auch zu diesen Reimen!
Was, ruft Goethe, Knoblauchkröte?
Dann reim‘ du mal was auf Unken!
Gern, spricht Schiller da zu Goethe:
Freude, schöner Götterfunken!
– Martin Möllerkies –
– Geben uns unbeschwert
die kalten Hände
fliegen täglich aus
Hängen unscheinbare
Glieder mitten in die
Mittagsglut
wähnen
sonnenverwandt uns
Trauen dem Regen
nicht, nicht den Wolken,
nicht dem Wasser, das zum
Himmel schwebt und
fällt
Reißen die wurzeln-
den Worte aus
fruchtbarem Boden
Versiegeln die Nerven-
enden im Schlaf
– Arabella Walter –
– Der Menschheit größter Hochgenuss
Ist ohne Zweifel wohl der Kuss,
Ist beliebt, er macht vergnügt,
Ob man ihn gibt ob man ihn kriegt,
Kommt gezielt, kommt aus Versehn,
Kann unverhofft daneben gehn,
Kostet nichts, ist unverbindlich
Und vollzieht sich immer mündlich.
Der Mund gilt nicht allein
Als Endstation für Küsserein,
Nase küsst man, Kinn und Brust,
Auch sonst wohin enteilt die Lust,
Sucht sich Teile, welche leicht
Ein ungebremster Kuss erreicht,
Wenns dem Teil dann nicht gefällt,
Der Kuss, der hält.
Das Küssen treibt die Säfte,
Das Küssen schürt die Kräfte,
Man kann dabei im Innern reifen
Und kann sich außenrum vergreifen,
Man kann den Kuss zum Knall verdichten,
Kann Wolkenkussgebilde schichten,
Man kann zuviel küssen,
Muss nichts bereun müssen,
Der Mensch ist Mensch erst im Kuss.
Schon der erste Kuss drückt sich ins Gemüt,
Jeder weitre Kuss schmückt den, der ihn kriegt,
Küssen macht schön, obendrein auch noch klug,
Küssen kann jeder und keiner genug.
Sogar im Himmel, da schwörn
Die Blondengelgörn
Vom Kuss unterm Abendstern,
Und in der Hölle da tut’s den Schmorenden gut
Vom Küssen im Himmel zu hörn,
Die dicksten Küsse kriegt man von den dünnsten Dingern,
Man kann drauf lauern, dass Küsse dauern,
Beim Dauerkussgenuss gerät der Mensch ins Schlingern,
Und im Erschauern küsst er sich das Schlingern weg.
(Refrain)
Der Menschheit größter Hochgenuss …
– Joe Fliederstein –