November 25, 2025



An Gustav Goldfisch



 – Oh Fisch aus Gold orangenrot im Rund

Des Glases schwimmst von links nach rechts umher

Von rechts nach links und glaubst du wärst ein Herr

Verblubberst Bläschen aus dem Schmollemund


Was magst du Blender denken frag ich dich

Ans Geld ans Weibchen Butterbrot und Mord 

An unbezahlte Rechnungen kein Wort

Entglitscht dir Schweiger aber sicherlich


Vergisst du stets am Ende deiner Bahn

Vergangenheit sonst könntest du nicht gleich 

Erneut den ewig alten Weg zurück 


Ertragen stets im eingespielten Tran

Gefangen in dem satten Goldfischreich 

Beneide ich dein stilles Daseinsglück 



– Aron Manfeld –



November 24, 2025



Canción de amor



 – Dulzinea von Toboso,

Deine Wimpern schlagen leise,

Deine Augen malen Kreise,

Deine Lippen glühen rot.


Dulzinea von Toboso,

Ach, so sternenferne Schöne,

Du, ich seh dich nur in Schatten,

Welche mir die Nächte werfen.


Dulzinea von Toboso,

Ach, wann werd ich dich berühren,

Denk dich hinter tausend Türen,

Träum die Sehnsucht bis zum Tod.


Dulzinea von Toboso,

Ewig will ich nach dir suchen,

Seh dich hinter allen Blicken

Und Gedanken unenträtselt.



– Peter Welk –



November 23, 2025



Interpunktion



Ich kann einen Punkt setzen

.

es ist mein Leben


hinter mein Komma

,

trete dann ich


Und einen Gedankenstrich

-

für alles was ich nicht getan hab


Nach meinem Doppelpunkt

:

zu einem gleichem ich


Ein Fragezeichen weglassen

?

an einem Tag ohne Antwort


Um keinen Ausruf zu erzeugen

!

bei dem ich immer noch schrei


Und selbst in diesem Unterstrich

_

bin ich ich



– ubertas –



November 22, 2025



Der kleine Unterschied



 – Mein kleiner Enkelsohn und ich

ähneln sich:

Wir haben je drei Zähne.

Bei ihm gilt das als Sensation.

Ich ernte nichts als Spott und Hohn,

besonders, wenn ich gähne.


Mein kleiner Enkelsohn und ich

ähneln sich:

Wir haben je drei Beißer.

Ein kleiner Unterschied jedoch:

Er hat sie schon, ich hab sie noch.

«Grins nicht so frech, du Scheißer!»



– Günter Nehm –



November 21, 2025



Schlamassel


(Kindergedicht)


(hören)



 – Es war einmal ein Dromedar.

Was ist denn das, was da mal war,

ein Dromedar? «Wer bin ich bloß?

Ein Irgendwer und namenlos?»

Das fragte sich das Dromedar,

das ziemlich durcheinander war,

es guckte dromedarisch scheel:

«Vielleicht bin ich ja ein Kamel,

auf jeden Fall, ich bin ein Tier,

ach, wüsste ich doch mehr von mir!

Ich könnte ja die Hanna fragen:

He, Hanna, könnt‘ ich zu ihr sagen,

ich frage dich als Dromedar,

kommst du in dem Schlamassel klar?

Was bin ich? Ein Kamel? Ein Stier?

Ein Hund? Ein Huhn? Verrat‘ es mir!»



– Peter Welk –



November 20, 2025



Ein Tag 

wie viele andere



 – Ich prüfe mich auf Herz und Nieren:

Was treibe ich (die Wahl fällt schwer),

um diesen Tag zu zelebrieren,

als graute mir kein Morgen mehr?


Den Pulli mit dem Frack vertauschen

zwecks Eintritt in den Musensaal

und weihevollen Klängen lauschen,

fünf Stunden lang im "Parsifal"?


Man könnte freilich beim Spazieren

im feierlichen Fichtendom

die Stunden mit Gewinn verlieren.

Ein Trampelpfad führt auch nach Rom.


Mir schwant: Am Ende dieses Tages

verweile ich in meinem Bau

als Stammgast des Ein-Mann-Gelages

im Flimmerschein der Tagesschau.


Und schleicht ein Schatten durch die Gassen,

so ist es wohl Gevatter Hein.

Ich will mich gerne finden lassen,

nur schaut er nicht bei mir herein.



– Cornelius –



November 19, 2025



wie jedes jahr



 – ich sitz auf meiner nebelbank

lass lang die füße baumeln

und lieb wie letzten sonnentrank

im herbst das blättertaumeln


in weiße schwaden eingehüllt

durchstreif ich berg und wälder

sind vorratskammern vollgefüllt

bedeck ich leere felder


bestäub mit reif das gras als frost

leg die natur zur ruhe

nun sucht im kerzenschein ihr trost

nach decken in der truhe


sie geben wärme die ich nahm

und es vollzieht die planung

wie jedes jahr sich - seht: ich kam

ich bin die winterahnung



– Claudia Neubacher –